Griechenland
Griechenland (griechisch früher, Hellás,
heute Elláda; amtliche Vollform: Hellenische
Republik) liegt in Südost-Europa und ist ein Mittelmeeranrainer.
Das griechische Staatsgebiet grenzt an Albanien, die Republik
Mazedonien, Bulgarien und die Türkei.
Griechenland ist eine parlamentarische Demokratie und hat
ein Einkammerparlament mit 300 Abgeordneten, von denen 288
auf vier Jahre gewählt und 12 von den Parteien gestellt
werden.
Geschichte
Das antike Griechenland samt den kleinasiatischen Städten
wird als Wiege Europas bezeichnet, insbesondere aufgrund
der zivilisatorischen Leistungen (griechischen Philosophie,
siehe auch Platon, Aristoteles; Naturwissenschaften, Geschichtsschreibung,
die Homer zugeschriebenen Werke etc.). Nachdem Rom Griechenland
im Jahre 146 v. Chr. zur römischen Provinz machte, wurde
es nach der Reichsteilung 395 Bestandteil des oströmischen
bzw. byzantinischen Reiches bis zu dessen Untergang.
Seit 1453 Teil des Osmanischen Reichs kam es ab 1821 zum
großen Volksaufstand. Als einer der wichtigsten geistigen
Wegbereiter dieses Volksaufstands gilt Rigas Velestinlis
(1757-1798). In der Schlacht von Navarino gelang es einer
europäischen Seestreitmacht, über der osmanischen
Flotte die Oberhand zu erringen. Durch das Londoner Protokoll
vom 3. Februar 1830, vom Osmanischen Reich am 24. April anerkannt,
wurde Griechenland zum selbständigen Staat erklärt.
Somit war Ioannis Kapodistrias bis zu seiner Ermordung das
erste Staatsoberhaupt.
Im Jahr 1832 wurde dann Prinz Otto von Bayern als Otto I.
Griechenlands erster (neuzeitlicher) König. Allerdings
umfasste dieser Staat nur den kleineren Teil des heutigen
Staatsgebiets. Thessalien wurde 1881, Kreta 1908 erworben.
Die meisten Inseln sowie der Norden Epirus und Nordosten
Makedonien des heutigen Staates (mit Thessaloniki) kamen
erst durch die beiden Balkankriege 1912-1913 an Griechenland,
als das geschwächte Osmanische Reich sich dort nicht
mehr gegenüber den mit Serbien und zeitweise Bulgarien
verbündeten Griechen behaupten konnte.
Nach dem Ersten Weltkrieg versuchte das mit der Entente
verbündete Griechenland mit Billigung der Siegermächte
(Völkerbundsmandat) die türkische Niederlage zu
nutzen, um außer dem von Bulgarien gewonnen Westthrakien
auch Osthrakien und das damals mehrheitlich von Griechen
bewohnte Gebiet von Smyrna (heute Izmir) unter seine Kontrolle
zu bringen. Ziel war die Umsetzung der Megali Idea (Großen
Idee), welche vom damaligen Ministerpräsidenten Eleftherios
Venizelos mit dem Ausdruck "Griechenland der zwei Kontinente
und fünf Meere" als außenpolitisches Ziel
konkretisiert wurde. Doch 1922 endete der Griechisch-Türkische
Krieg mit einer verheerenden griechischen Niederlage in der
Kleinasiatischen Katastrophe. Im Vertrag von Lausanne 1923
wurde ein radikaler Bevölkerungsaustausch vereinbart:
Alle noch in großen Teilen der Türkei verstreut
lebenden Griechen (mit Ausnahme der Istanbuler Griechen und
einiger Inselgriechen) wurden nach Griechenland vertrieben
(etwa 1,5 Mio.), im Gegenzug mussten an die 500.000 meist
türkische Muslime Griechenland verlassen, mit Ausnahme
der Muslime in Thrakien. Die Flüchtlingsquote in Griechenland
nach diesem Krieg betrug ca. 25 %, wesentlich mehr als etwa
in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.
Im Zweiten Weltkrieg lehnte Griechenland unter dem Diktator
General Metaxas ein italienisches Ultimatum zur Kapitulation
ab. (Der Tag der Ablehnung, der 28. Oktober 1940 wird heute
als Nationalfeiertag, der sogenannte "Nein-Tag",
begangen, da Metaxas ein Telegramm lediglich mit dem Wort
???, also Nein, an Italien gesendet haben soll.) Daraufhin
wurde Griechenland von Italien angegriffen, konnte aber die
italienischen Truppen schlagen und bis weit hinter die albanische
Grenze zurückdrängen. Erst durch das militärische
Eingreifen der deutschen Wehrmacht im April-Mai 1941 über
Jugoslawien und Bulgarien wurde der griechische Widerstand
gebrochen. Italien, Deutschland und Bulgarien errichteten
ein hartes Besatzungsregime. Gegen die bald erstarkende Partisanenbewegung
griffen die Besatzungsmächte mehrfach kriegsverbrecherisch
auf brutale Weise durch: In verschiedenen Orten, unter anderem
in Kalavrita und Distomo, wurde als "Vergeltung" für
Partisanenüberfälle die jeweilige Dorfbevölkerung
von der Wehrmacht oder "Sondereinheiten" ermordet.
Die Frage nach einer Entschädigung von deutscher Seite
für diese Aktionen ist bis heute immer wieder Gegenstand
politischer Diskussion. Der bewaffnete Widerstand ging hauptsächlich
von der kommunistisch beeinflussten Volksbefreiungsarmee
ELAS aus. Gleichzeitig gab es aber auch rivalisierende royalistische
Partisanen, die durch Großbritannien unterstützt
wurden. Nach militärischer Intervention Großbritanniens
am 5. Dezember 1944 wurde die ELAS entsprechend dem Abkommen
von Varkiza vom 12. Februar 1945 entwaffnet und demobilisiert.
Der Zweite Weltkrieg ging in Griechenland quasi direkt in
den Griechischen Bürgerkrieg über, der sich bald
als Stellvertreterkrieg der beiden politischen Pole entpuppte:
Die griechischen Kommunisten, welche die Hauptlast des Partisanenkampfes
gegen das Besatzungsregime der deutschen Wehrmacht getragen
hatten, versuchten nun, nur halbherzig unterstützt von
der Sowjetunion und anfangs auch Jugoslawien (siehe Landkarte
mit Umfang jugoslawischer Ansprüche gegen Griechenland:1),
die Herrschaft über das befreite Griechenland zu erlangen,
stießen jedoch auf vornehmlich royalistische Gegenwehr,
welche v.a. von Großbritannien und den USA großzügig
unterstützt wurde. Im Gegensatz zu allen anderen osteuropäischen
Staaten gelang den Kommunisten die Machtübernahme in
Griechenland jedoch nicht: Im auf beiden Seiten mit äußerster
Härte, auch gegenüber der Zivilbevölkerung,
geführten Bürgerkrieg wurden die kommunistischen
Verbände immer mehr nach Nordwesten zurückgedrängt.
Das Ende der Unterstützung durch Jugoslawien besiegelte
schließlich das Ende ihrer militärischen Macht.
Grund für die spärliche Unterstützung durch
die kommunistischen "Bruderstaaten" war ein Geheimabkommen
am Rande der Konferenz von Jalta 1945: Churchill und Stalin
hatten dort ein Einflussverhältnis von "90% West
zu 10% Ost" für Griechenland vereinbart; dies wurde
später von vielen griechischen Kommunisten als "sowjetischer
Verrat" empfunden, da man lediglich ein Bauernopfer
Stalins gewesen sei. Seit dieser Zeit gibt es in Griechenland
zwei Kommunistische Parteien
die damals Desillusionierten bildeten die "Inlands-KKE",
die weiterhin linientreuen Stalinisten die "Auslands-KKE".
Im Sinne eines strikten Antikommunismus blieben noch bis
in die 1960er Jahre viele bürgerliche Freiheiten eingeschränkt,
was die NATO jedoch nicht davon abhielt, Griechenland 1952
aufzunehmen und so strategisch im Westen zu verankern.
1967 ergriff in Reaktion auf Liberalisierungstendenzen ein
Militärregime unter Georgios Papadopoulos die Macht,
während dessen zahlreiche Oppositionelle eingesperrt,
gefoltert, ermordet oder ins Exil getrieben wurden, darunter
der Komponist Mikis Theodorakis (sog. Obristenputsch). Das
Zypernabenteuer der Junta führte 1974 zum Zusammenbruch
der Diktatur und zur Rückkehr zur Demokratie unter Konstantin
Karamanlis.
Seit 1981 ist Griechenland Mitglied der EU. Die wirtschaftliche
und gesellschaftliche Modernisierung wurde durch die hohen
EU-Hilfsgelder (unter anderem für die Landwirtschaft)
gefördert, doch der Abstand zu den entwickelteren EU-Staaten
blieb bestehen.
Angesichts der Umwälzungen im ehemaligen Jugoslawien
ab 1989 versuchte Griechenland eine eigenständige, proserbische
außenpolitische Rolle zu spielen, oft in deutlicher
Abgrenzung von EU und NATO. Dies zeigte sich in der Namensfrage
mit Mazedonien oder im Bosnien- und Kosovokonflikt. Dies
lag vor allem an den wirtschaftlichen Interessen Griechenlands
in dieser Region (Transitwege), aber auch ideologische Parallelen
spielten hierbei eine gewichtige Rolle.
In jüngster Zeit wurden unter der Regierung Simitis
Schritte zur Entkrampfung des griechisch-türkischen
Verhältnisses, aber auch der Beziehungen zu den Nachbarstaaten
auf dem Balkan unternommen, die wirtschaftlich zunehmend
interessant werden für den griechischen Außenhandel
und für Auslandsinvestitionen.
Literatur
Bötig, Klaus: Griechenland: Festland und Peloponnes,
DuMont : Köln 1996, 396 S., ISBN 3-7701-3456-7
Müller, Michael (Hrsg.): Griechenland. Reisehandbuch,
Michael Müller Verlag : Erlangen, 8. Aufl. 2002, 768
S., ISBN 3-9232-7860-8
Steven W. Sowards: Moderne Geschichte des Balkans. Der Balkan
im Zeitalter des Nationalismus, BoD 2004, ISBN 3-8334-0977-0
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